Alter & Vermögen

      Elementarschaden Versicherung: Entwicklungen 2021

      Die verheerenden Folgen des Sturmtiefs Bernd haben den Markt für Wohngebäude- und Elementarschaden-Versicherung bewegt. Unsere Analysten erklären, was sich seitdem verändert hat

      Die Nacht vom 14. auf den 15. Juli wird vermutlich für immer im Gedächtnis der Menschen in Rheinland-Pfalz bleiben: nicht nur wütete Sturmtief Bernd, die damit einhergehenden Wassermassen zerstörten auch das Ahrtal. Mindestens 142 Menschen verloren ihr Leben (Quelle: SWR). Über 3.000 Gebäude wurden beschädigt, jedes sechste sogar zerstört.

      Doch damit endete das Leid nicht. In den Wochen und Monaten nach der Katastrophe machten immer wieder Schlagzeilen über den schleppenden Wiederaufbau die Runde. Wir haben unsere Experten befragt, wie sich die Schadenregulierung im Nachgang gestaltete und welche Folgen das Unwetter für die Elementarschaden-Absicherung bedeutet.

      Versicherungsleistungen zumeist ausgezahlt

      Inzwischen haben die Versicherungen Entschädigungen gezahlt – doch nicht immer verfügten die Gebäude über einen notwendigen Elementarschutz

      Ein Jahr später ist der Wiederaufbau des Ahrtals angelaufen. Vielerorts wurden Versicherungsprämien über eine bestehende Wohngebäude-Versicherung mit Elementarschutz ausgezahlt. Nicht immer sind die Entschädigungen in der gewünschten Geschwindigkeit geflossen. In einigen Fällen geschah dies auch über Kulanz des Versicherers. Doch wenn Schäden über einen Elementarschadens-Zusatz abgedeckt waren, sind die Versicherer ihren Pflichten nachgekommen. Wo es jetzt noch stockt, hängt es an Ressourcenmängeln beim Wiederaufbau: Material und Handwerker sind knapp (Quelle: GDV). Und ohne konkrete Kosten für den Wiederaufbau können viele Versicherungen den Schaden noch nicht regulieren.

      Betrüblich sind besonders jene Fälle, in denen Versicherungsnehmer sich in einem vermeintlich vollumfassenden Schutz wähnten. „Gerade lange bestehende Wohngebäude-Versicherungen haben häufig keinen Baustein für den Elementarschutz inkludiert“, betont Senior Analyst Wilfried Schwarzer. „Wer in der glücklichen Lage ist, noch über einen günstigen Altvertrag zu verfügen, ist oft nicht willens, den Vertrag vollständig neuzuordnen.“ Denn daraufhin folgen nicht selten deutliche Beitragserhöhungen für die angepassten Versicherungsrisiken. Ein Anstieg vom drei- in den vierstelligen Jahresbetrag ist nicht selten die Konsequenz einer solchen Neuordnung.

      Der Besitz eines solchen Altvertrags wiegt viele Hausbesitzerinnen und Hausbesitzer jedoch in vermeintlicher Sicherheit. Trotz vorhandener Wohngebäude-Versicherung sind sie aufgrund der fehlenden Einschlüsse unterversichert. Und das mit fatalen Folgen: Wer im Zuge des Ahrtal-Hochwassers geschädigt wurde und eine Versicherungsleistung beantragte, erhielt eine Ablehnung. Hier mussten die Versicherer – auch zugunsten des Kollektivs – handeln und Leistungen entsprechend den Vertragsbedingungen abwehren.

      Bedingungsseitig haben sich nach der Katastrophe keine großen Änderungen ergeben.

      Andreas Ludwig | Bereichsleiter Rating & Analyse

      Versicherer haben nur geringfügige Änderungen vorgenommen

      Das Gros der Versicherungen hat im Nachgang zur Ahrtal-Katastrophe keine Anpassungen an ihren Wohngebäude- und Elementarschaden-Versicherungen durchgeführt

      Einige Versicherer nahmen dies zum Anlass, ihre eigenen Elementarschaden-Vereinbarungen anzupassen. So wurden vereinzelt Vertragsbedingungen noch einmal deutlicher formuliert. Der Einschluss von „Starkregen-Ereignissen“ wird dort nun explizit erwähnt. Andreas Ludwig, Bereichsleiter Rating & Analyse, hält fest: „Bedingungsseitig haben sich nach der Katastrophe keine großen Änderungen ergeben. In den meisten Fällen sind die allgemeinen Versicherungsbedingungen bereits so präzise gefasst, dass wenig Spielraum für Interpretationsmöglichkeiten bleibt – gerade in der Wohngebäude- und Elementarschaden-Abdeckung.“

      Einen grundsätzlichen Preisanstieg für Wohngebäude-Versicherungen mit Elementarschaden-Abdeckung können bislang weder Wilfried Schwarzer noch Andreas Ludwig entdecken. Doch höhere Preise sind damit nicht ausgeschlossen. Da derzeit ein Gutteil der Schäden noch nicht abschließend reguliert sind, steht eine Beurteilung seitens der Versicherer noch aus.

      Gesteigertes Risikobewusstsein
      Hausbesitzer schließen häufiger Elementarschaden-Versicherungen ab

      Für viele war die Ahrtal-Katastrophe ein Anlass, sich mit der Absicherung des eigenen Hauses zu beschäftigen. In der Folge wurden Bausteine der Elementarschaden-Deckung häufiger für die Wohngebäude-Versicherung nachgefragt

      Worauf achten Hausbesitzerinnen und Hausbesitzer seit den Ereignissen im Ahrtal besonders beim Abschluss einer Wohngebäude- und Elementarschaden-Versicherung? Thorsten Saal, Bereichsleiter Mathematik, erklärt dazu: „Unsere Analysen zeigen ein deutlich gewachsenes Interesse bei den verschiedenen Bausteinen der Elementarschaden-Absicherung von 2020 auf 2021. Im Durchschnitt über alle Schadenstypen sehen wir einen Zuwachs um über 20 % in den Berechnungen*. Dabei hat sich die Rangfolge der verschiedenen Bausteine kaum verändert.“

      Elementarschaden-Einschlüsse

      Elementarschaden-Baustein Einschluss-Häufigkeit 2021 Einschluss-Häufigkeit 2020 Veränderung

      Erdbeben

      62,55 %

      53,22 %

      +17,53 %

      Witterungsbedingter Rückstau

      61,78 %

      49,66 %

      +24,39 %

      Überschwemmung

      60,67 %

      49,10 %

      +23,56 %

      Erdrutsch

      60,38 %

      48,52 %

      +24,46 %

      Erdsenkung/ Erdfall

      55,34 %

      43,31 %

      +27,76 %

      Schneedruck

      49,33 %

      39,06 %

      +26,29 %

      Lawinen

      38,41 %

      27,11 %

      +41,68 %

      Vulkanausbruch

      28,22 %

      19,42 %

      +45,33 %

      Quelle: MORGEN & MORGEN GmbH, *Beobachtung berechnungsrelevanter Vorgaben und entsprechender Ergebnisse in M&M Office - alle Daten sind nach DSGVO-Vorgaben anonymisiert.

      Im letzten Jahr verzeichneten besonders die Schadensbausteine, die im Zuge der Ahrtal-Katastrophe auftraten, einen Zuwachs:

      • Witterungsbedingter Rückstau,
      • Überschwemmung,
      • Erdrutsch,
      • Erdsenkung/ Erdfall,
      • Rückstau ohne Klappe,
      • Elementar ohne Wartezeit,

      Das Starkregen-Ereignis im Ahrtal hat damit den bestehenden Trend zu einer umfangreicheren Elementarschaden-Abdeckung noch einmal deutlich befeuert. Ob es sich dabei um ein kurzfristiges Phänomen oder einen langfristigen Effekt gehandelt hat, lässt sich anhand verstärkten Tarifberechnungen noch nicht abschließend beurteilen. Zumindest aber in der zweiten Jahreshälfte 2021 haben mehr Menschen diese existenzbedrohende Absicherungslücke geschlossen.

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