Lohnt sich die PKV?
1. September 2021 - Neulich fuhr ich mit dem Zug von Würzburg nach Berlin. Nachdem ich meinen Platz eingenommen hatte und meinen Laptop auf den Klapptisch vor mir positionierte, kamen mir folgende Gedanken: Die Zuggäste in der 1. Klasse kommen exakt zur selben Zeit in Berlin an, sie haben dieselbe Internetgeschwindigkeit im W-Lan des Zuges und sollte die Klimaanlage ausfallen, schwitzen sie genauso wie ich. Eigentlich gibt es überhaupt keinen großen Unterschied zwischen 2. Klasse und 1. Klasse.
Klar, dort sind die Sitze etwas breiter, es gibt Bordservice und der Kaffee wird einem am Platz serviert. Der Kaffee kommt aber aus derselben Maschine. Ich – in der 2. Klasse - muss ihn mir selbst im Speisewagen holen. Auf den kleinen Keks oder die kleine Packung Schokolade mit dem Aufdruck „Lieblingsgast“ verzichte ich gerne, wenn ich für die Leistung (nämlich meinen Zielbahnhof zu erreichen) deutlich weniger zahle als für das Zugticket in der 1. Klasse.
Warum bietet die Bahn eigentlich zwei unterschiedliche Klassen an? Ist das so ein „Status-Ding“? Oder finanzieren die Fahrgäste in den vorderen Abteilen meine bequeme Zugfahrt im ICE etwa mit? Und was wäre, wenn es nur noch eine „Einheitsklasse“ gäbe? Müsste ich dann etwa mehr für meine Fahrt zahlen oder würden dadurch einfach nur weniger Züge eingesetzt werden, weil es sich für die Deutsche Bahn finanziell nicht mehr lohnen würde? Am Ziel angekommen unterhielt ich mich mit einem Kollegen, der zufällig im selben Zug gesessen hatte. Er erzählte mir, dass er 1. Klasse gefahren sei, weil das Sparpreis-Ticket, das er sich vor einigen Wochen schon gekauft hatte, günstiger war als der Normalpreis vom 2. Klasse-Ticket. Außerdem wollte er die Ruhe im Abteil und die Annehmlichkeiten der breiten Ledersitze genießen, um entspannter in Berlin anzukommen.
In diesem Beitrag sollte es eigentlich um das Thema Private Krankenversicherung gehen und nicht um Züge. Es gibt jedoch einige Gemeinsamkeiten.
Häufig wird unser System in Deutschland als eine Zwei-Klassen-Medizin beschrieben.
Die Unterschiede zwischen gesetzlicher Krankenversicherung (GKV) und Privater Krankenversicherung (PKV) sind definitiv gegeben. Das Ziel der Behandlungen im Krankheitsfall ist jedoch bei beiden identisch: Die Genesung der Patienten. Oder um in der Bahnanalogie zu bleiben: Gesund am Zielbahnhof ankommen.
In meinen Gesprächen mit Mandantinnen und Mandanten zum Thema PKV geht es immer um diese zwei Dinge:
- Lohnt sich die PKV für mich?
- Wie sieht es mit den Beiträgen (im Alter) aus?
Lohnt sich die PKV?
Es ist jedem selbst überlassen, was es ihm/ihr „wert“ ist privatversichert zu sein, um z.B. das Einbett-Zimmer im Krankenhaus zu bekommen oder einen Eingriff minimalinvasiv durchführen zu lassen. Also ob man im Zug 2. Klasse oder 1. Klasse sitzen möchte. Das Gesundheitssystem in Deutschland ist eines der besten Krankensysteme der Welt. Die Versorgung ist gewährleistet und in akuten Fällen gibt es keinen Unterschied, egal ob PKV oder GKV. Dem hippokratischen Eid sei Dank. In der Art und Weise der Behandlung, in der Form der Unterbringung im Krankenhaus und in den Möglichkeiten der Arztwahl bestehen jedoch Unterschiede, die man kennen muss.
Die Entscheidung, ob GKV oder PKV sollte jedoch niemals einzig und allein aus „Sparpreis-Ticket“-Gründen stattfinden. Und das führt auch schon zum zweiten Punkt:
Wie sieht es mit den Beiträgen aus?
Hätte mein Kollege sein 1. Klasse Ticket nicht frühzeitig zum Sparpreis gekauft, sondern erst kurz vor Fahrtantritt, so hätte er vermutlich ein Mehrfaches des Preises der 2. Klasse bezahlt. Gleiches gilt für die Beitrage in der Privaten Krankenversicherung. Je jünger (und meist auch gesünder) man in die PKV eintritt, desto günstiger sind die Beiträge. Gerade hier sind diese auch meist deutlich günstiger als der Beitrag, den man für eine GKV zahlen müsste. Die privaten Tarife sind nämlich nicht prozentual an das Einkommen gekoppelt, sondern werden individuell nach dem Alter, dem Gesundheitszustand und dem Leistungsumfang bei Abschluss kalkuliert.
Fakt ist: Die Beiträge werden mit der Zeit steigen. Das ist unumgänglich. Auch die Medizin unterliegt der Inflation. Aber nicht nur die Minderung des Geldwertes und die Steigerung des Preisniveaus sind Ursachen für immer höher werdende Beiträge. Medizinischer Fortschritt, neue Behandlungsmethoden und moderne Gerätschaften lassen die Behandlungskosten steigen.
Vor 50 Jahren gab es auch noch keinen ICE-Schnellzug, das Schienennetz der Bahn war noch nicht so gut ausgebaut und die Fahrt von Würzburg nach Berlin hat deutlich länger gedauert. Dafür war vermutlich das Zugticket deutlich günstiger (und auch noch in D-Mark) als heute. Künftig wird es noch schnellere Züge, noch bequemere Sitze und hoffentlich auch schnelleres bzw. funktionierendes Internet im Abteil geben. Das sind alles Dinge, die uns als Patienten bzw. Zuggäste zugutekommen.
Auch GKV-Versicherte unterliegen übrigens der Steigerung des Preisniveaus. Je mehr sie verdienen, desto höher wird auch der Krankenkassenbeitrag. Dieser ist jedoch durch die Beitragsbemessungsgrenze (BBG) gedeckelt. Allerdings wird die BBG ebenfalls jährlich angehoben. Im Alter haben Mitglieder in der Krankenkasse vermeintlich den Vorteil, dass sie nur auf ihre Rente den prozentualen Kassenbeitrag zahlen müssen, wohingegen PKV-Versicherte weiterhin ihren festgesetzten Beitrag weiterhin zahlen müssen. Wer jedoch frühzeitig ein „Ticket“ gebucht hat und dadurch – im Vergleich zum „Normalpreis“ – viel Geld über die Laufzeit spart, sollte diese Ersparnis nicht auf dem Kopf hauen, sondern für die „Bahncard 100“ im Alter zurücklegen. Dann kann man auch im Alter weiterhin 1. Klasse fahren.
Und sollte es dennoch einmal zu knapp werden, gibt es den §204 im Versicherungsvertragsgesetz, der es ermöglicht innerhalb der eigenen Versicherungsgesellschaft in einen kostengünstigeren Tarif zu wechseln. Sprich: Die Bahncard 100 in eine Bahncard 50 oder Bahncard 25 zu tauschen.
Über Patrick Hamacher
Patrick Hamacher ist der „Versicherungsmakler mit Cap“ und Podcaster. Nach seiner Ausbildung und dem anschließenden Studium zum Versicherungsfachwirt hat er - nach zehn Jahren Ausschließlichkeit - 2015 das alt eingesessene Maklerbüro seines Vaters übernommen. Dieses hat er in die digitale Welt überführt, Geschäftsprozesse optimiert und beschreitet mit einer spitzen Positionierung zukunftsweisende und neue Wege. Sein Hauptschwerpunkt in der Beratung liegt auf der Zielgruppe der Freelancer und ortsunabhängig Selbstständigen, ausschließlich durch Video-Online-Beratung.
Patrick Hamacher ist zudem Dozent für das BWV und Prüfer bei der IHK. Für den Versicherungsgeflüster-Podcast wurde er – gemeinsam mit Bastian Kunkel - 2018 mit dem Sonderpreis des „Bildungspreis der Deutschen Versicherungswirtschaft“ ausgezeichnet. Außerdem ist er in der Versicherungsbranche ein gefragter Redner und Experte für die Digitalisierung im Versicherungsvertrieb sowie für biometrische Risiken.
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