Pflegeversicherung - brauche ich eine weitere Absicherung?
Geht es um das Thema Pflege, winken viele ab und sagen „im Alter“ oder „über das Alter möchte ich nicht reden“. Ausgenommen diejenigen, die selbst einen Fall in der Familie erlebt haben. Sie wissen, was bei einer verpassten Pflegeabsicherung auf sie zukommt.
Aber zunächst wollen wir herausfinden, was die Pflegepflichtversicherung eigentlich ist und leistet bzw. nicht leistet. Die Pflegepflichtversicherung teilt grundsätzlich die Leistungshöhen in Pflegegrade ein, hier gibt es fünf Grade. Je nach Pflegebedürftigkeit erhält die versicherte Person einen Pflegegrad. Die Einstufung erfolgt nach Antragsstellung bei der Pflegekasse. Hierbei ermitteln Gutachter des Medizinischen Dienstes (MD) bei der gesetzlichen oder die MEDICPROOF GmbH bei der privaten Pflegepflichtversicherung die Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten der versicherten Person anhand eines Punktesystems.
Es werden sechs Module geprüft, um eine Einschätzung vorzunehmen, diese sind:
- Mobilität,
- geistige und kommunikative Fähigkeiten,
- Verhaltensweisen und psychische Problemlagen,
- Selbstversorgung,
- selbstständiger Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen und Belastungen, sowie
- deren Bewältigung, Gestaltung des Alltagslebens und soziale Kontakte.
Zusätzlich zu diesen sechs Modulen werden zwei weitere Punkte bewertet, diese fließen aber nicht in die Punktebewertung ein, sondern dienen nur als Hilfe für weitere Beratungen; nämlich die außerhäuslichen Aktivitäten und die Haushaltsführung. Die Gutachter geben diese Einschätzung mitsamt Pflegegradempfehlung an die Kasse weiter, diese entscheidet dann über die Einstufung.
Welche Leistung bei welchem Pflegegrad?
Ist die Einstufung in einen der fünf Pflegegrade erfolgt, wird eine entsprechende Leistung ausgezahlt. Doch welche Leistungen sind bei welchem Pflegegrad möglich?
Es gibt hierbei Geld und Pflegesachleistungen. Im ambulanten Pflegebereich unterscheidet man zwischen privater Pflege (Pflegegeld für Freunde, Verwandte usw.) und professioneller Pflege (Pflegesachleistung) durch einen Pflegedienst. Die Pflegesachleistung ist etwas höher (siehe Grafik). Auch gibt es Leistungen für eine Wohnraumanpassung, damit ist ein Umbau zu einer barrierearmen oder barrierefreien Wohnung möglich.
Des Weiteren gibt es die vollstationäre Pflege, hierbei sind die Gelder in den einzelnen Pflegegraden nochmal etwas höher als beim Pflegegeld im ambulanten Bereich, ebenso wie die Kosten (siehe Grafik). Die Pflegepflichtversicherung bietet noch weitere Leistungen wie z.B. Verhinderungspflege, Kurzzeitpflege, Tages und Nachtpflege. Außerdem gibt es noch eine monatliche Pauschale für Pflegehilfsmittel, z.B. für Desinfektionsmittel und Einweghandschuhe.
Seit 01.01.2022 gibt es eine weitere Leistung ab Pflegegrad 2 in der vollstationären Pflege, diese ist der Leistungszuschlag für den zu zahlenden Eigenanteil für die Pflegekosten nach Dauer des Aufenthaltes. (§43c SGB XI) Dieser Leistungszuschlag sieht wie folgt aus:
Leistungszuschlag nach §43c SGB XI:
Pflegedauer | Leistungszuschlag |
---|---|
Bis 12 Monate | 5 Prozent |
Mehr als 12 Monate | 25 Prozent |
Mehr als 24 Monate | 45 Prozent |
Mehr als 36 Monate | 70 Prozent |
Quelle: Verbraucherzentrale
Ein Rechenbeispiel findet man in der folgenden Grafik.
Es zeigt sich: es gibt zwar vielfältige Pflegeleistungen, doch diese sind leider in den meisten Fällen nicht ausreichend. Diese Lücken sollte man schließen. Am besten geschieht dies schon in jungen Jahren, denn Pflegebedürftigkeit betrifft nicht nur Ältere.
Welche Formen der zusätzlichen Pflegeabsicherung gibt es?
**09. Juni 2022 -**Um diese Gesundheitsrisiken abzusichern, gibt es verschiedene Möglichkeiten - Pflegetagegeld-, Pflegekosten- und Pflegerenten-Versicherung. Das Pflegetagegeld ist die wohl bekannteste und wichtigste zusätzliche private Absicherung, hier kann man das Pflegetagegeld bei Abschluss des Vertrages je Pflegegrad meistens frei wählen und somit die monatliche Lücke komplett oder wenigstens teilweise schließen. Des Weiteren gibt es noch die Pflege-Bahr, eine Variante des Pflegetagegeldes, diese wird mit 5 Euro je Monat an Beitrag staatlich gefördert und ist zudem ohne Gesundheitsprüfung abschließbar (solange noch kein Pflegegrad festgestellt worden ist).
Braucht man nun eine zusätzliche Absicherung zur Pflegepflichtversicherung? Ich denke eine zusätzliche Absicherung ist essenziell. Gerade eine länger andauernde, professionelle Pflege ist kostspielig. Wer hier nicht eine sehr große Lücke in der Absicherung riskieren möchte, kommt um eine private Zusatzabsicherung kaum herum. Es gibt genug Möglichkeiten diese Lücken zu minimieren, denn eines ist sicher, günstiger wird die Pflege nicht.
Ein Beitrag von Thorsten Bohrmann, Senior Versicherungsanalyst bei MORGEN & MORGEN GmbH