Bilanzkennzahlen Lebensversicherer 2022
Hofheim, 7. Dezember 2022 – MORGEN & MORGEN analysiert im Rahmen des M&M Rating LV-Unternehmen die Bilanzen der Gesellschaften. Quoten und Kennzahlen zeigen dabei die Entwicklungen innerhalb der Erfolgs-, Bestands- und Sicherheitsgrößen.
Das im Oktober veröffentlichte M&M Rating LV-Unternehmen betrachtet 13 Bilanzkennzahlen der Lebensversicherer über den vergangenen Fünfjahreszeitraum von 2017 bis 2021. Es erlaubt somit belastbare Aussagen über die Erfolgs-, Bestands- sowie über die Sicherheitsgrößen der Gesellschaften, die jeweils in den Teilratings bewertet sind.
Aufgrund der leichten Erholung am Kapitalmarkt ist davon auszugehen, dass die Zinszusatzreserve in den kommenden Jahren nicht weiter aufgebaut werden muss und der Puffer zugunsten der Kunden abgebaut wird.
Kennzahlen im Teilrating Erfolg
Sechs Kennzahlen zeigen den Geschäfts- und Anlageerfolg der Unternehmen. Hierbei werden im Teilrating Erfolg wesentliche Indikatoren bewertet, die die Ertragssituation des Unternehmens zeigen.
Im Bereich der Erfolgskennzahlen zeigt sich aktuell auf der Kostenseite mit Blick auf die Abschlusskosten- und Verwaltungskostenquote eine stabile Situation. Der Kostendruck besteht jedoch weiterhin. Vor allem vor dem Hintergrund, in Zeiten einer Zinsflaute trotzdem noch eine Rendite bieten zu können. Technologischer Fortschritt hilft an vielen Stellen, Kosten zu minimieren beispielsweise im Bereich des Vertriebs, wo die zunehmende Digitalisierung durch die Corona-Pandemie beschleunigt wurde.
Die Kennzahlen zur Bewertung der Ertragslage bei den Versicherungsgesellschaften zeigen ein ebenfalls positives Gesamtbild.
Die Nettoverzinsung bleibt weiterhin auf einem niedrigen Niveau, bedingt durch die schwierige Lage an den Kapitalmärkten. Die Entwicklung der Größe lässt sich mit den gesetzlichen Anforderungen zur Bildung der Zinszusatzreserve erklären. Dafür sind die Versicherer gezwungen, genügend Kapitalerträge zu erzielen und im Zweifel Bewertungsreserven zu realisieren. Besonders in den Jahren, in denen die Anforderung an die Zinszusatzreserve hoch war, ist eine erhöhte Nettoverzinsung auszumachen wie beispielsweise im Jahr 2017. Mit Einführung der Korridormethode, einer Erleichterung hinsichtlich der Höhe der zu bildenden Zinszusatzreserve, im Jahr 2018 ging die Nettoverzinsung deutlich zurück, Bewertungsreserven mussten in geringerem Maße realisiert werden. An den leicht rückläufigen Werten der Nettoverzinsung in den letzten drei Bilanzjahren ist zu erkennen, dass die Belastung durch die Zinszusatzreserve langsam nachlässt. Im Bilanzjahr 2021 fiel der Betrag, der der Zinszusatzreserve marktweit zugeführt wurde, erstmals seit 2018 wieder niedriger aus als im Vorjahr.
„Aufgrund der leichten Erholung am Kapitalmarkt ist davon auszugehen, dass die Zinszusatzreserve in den kommenden Jahren nicht weiter aufgebaut werden muss und es auch zum umgekehrten Fall, nämlich des Abbaus des Puffers kommen wird. Dies wird für Entspannung bei den Versicherern sorgen und auf lange Sicht den Kunden zugutekommen,“ lässt Iris Portugall, Spezialistin für Ratings und Aktuarin bei MORGEN & MORGEN, einen positiven Blick in die Zukunft zu.
Die Überschussquote bildet die Zuführung zur Rückstellung für Beitragsrückerstattung (RfB) ab, dem Topf für die Überschüsse, die über die nächsten Jahre verteilt den Kunden zugeteilt werden. Wieviel dem Topf zugeführt wird, hängt von der Ertragslage der Versicherer im jeweiligen Jahr ab und ist somit recht volatil. Mit dem leichten Anstieg im Jahr 2021 zeigt die Überschussquote eine positive Tendenz.
Ebenfalls eine positive Tendenz zeigen die beiden Kennzahlen Zins-Überschussquote sowie Zins-Risiko-Überschussquote. Beide Quoten stellen die Rechnungszinsanforderung, also die Verpflichtung aus den zugesagten Zinsgarantien, den Ertragsquellen gegenüber, aus denen diese Verpflichtung finanziert werden muss. Bei der Zins-Überschussquote werden zunächst als Ertragsquellen nur die anzurechnenden Kapitalerträge betrachtet, sprich die Erträge aus den Kapitalanlagen, die direkt den Verpflichtungen zugeordnet werden. Aufgrund der schwierigen Lage der Kapitalmärkte kann diese Differenz auch negativ sein, dann müssen die Garantien aus anderen Quellen finanziert werden. Die Zins-Risiko-Überschussquote betrachtet zusätzlich weitere Kapitalerträge sowie das Risikoergebnis, das aus der zu vorsichtigen Ansetzung bei den Rechnungsgrundlagen resultiert. Beide Quoten zeigen nach einem Rückgang im Vorjahr nun wieder eine positive Entwicklung und belegen eine leichte Entspannung der Ertragslage.
M&M Rating LV-Unternehmen | Teilrating Erfolg
Jahr | Netto-verzinsung | Abschlusskosten-quote | Verwaltungskosten-quote | Überschuss-quote | Zins-Überschussquote | Zins-Risiko-Überschussquote |
---|---|---|---|---|---|---|
2021 | 3,4 | 4,9 | 2,6 | 8,3 | 0,3 | 2,5 |
2020 | 3,5 | 4,9 | 2,7 | 7,2 | 0,2 | 2,3 |
2019 | 3,7 | 4,9 | 2,7 | 8,6 | 0,4 | 2,6 |
2018 | 3,3 | 4,9 | 2,7 | 7,8 | 0,3 | 3,0 |
2017 | 4,3 | 5,0 | 2,6 | 6,8 | 0,2 | 3,2 |
Angaben in Prozent | Die neue Grundgesamtheit in der Bewertung kann zu variierenden Durchschnittswerten im Vergleich zur Vorjahresberichterstattung führen.
© MORGEN & MORGEN GmbH | Stand: 12/2022
Kennzahlen im Teilrating Bestand
Die Entwicklung der beiden Kennzahlen Wachstumsquote und Normalstornoquote zeigen, wie sich der Bestand eines Lebensversicherungsunternehmens entwickelt.
Das Teilrating Bestand weist für das Jahr 2021 einen positiven Trend aus. Im Vergleich zum Vorjahr konnten die Versicherer im Schnitt die Stornoquoten verringern. Dies beweist, dass sie trotz schwieriger Lage in der Pandemie für ihre Kundinnen und Kunden da waren und Lösungen angeboten haben, um den Versicherungsschutz aufrecht zu erhalten. Mit Überbrückungsangeboten erwiesen die Versicherer sich flexibel und konnten somit einen Großteil des Stornoverhaltens aufgrund von Kurzarbeit oder Arbeitslosigkeit auffangen.
Die Wachstumsquote zeigt über die Jahre hinweg große Schwankungen. Neben dem generellen Kaufverhalten der Kunden spielt hierbei das Einmalbeitragsgeschäft eine große Rolle. Es kann bei einigen Versicherern in manchen Jahren bis zu 70 Prozent des jährlichen Beitragsvolumens ausmachen. Diese Einmaleffekte führen zu besagten Schwankungen. „Für die Zukunft bleibt abzuwarten, ob die aktuellen Geschehnisse wie die Pandemie und zusätzlich der Ukraine-Krieg und die hohe Inflation dafür sorgen, dass die Kunden beim Neuabschluss von Altersvorsorge-Tarifen zurückhaltender sein werden oder sogar zu vermehrtem Storno gezwungen sind,“ resümiert Iris Portugall.
M&M Rating LV-Unternehmen | Teilrating Bestand
Jahr | Wachstumsquote | Normalstornoquote |
---|---|---|
2021 | 5,9 | 4,0 |
2020 | 3,6 | 4,4 |
2019 | 5,4 | 4,4 |
2018 | 2,7 | 4,2 |
2017 | 1,1 | 4,1 |
Angaben in Prozent | Die neue Grundgesamtheit in der Bewertung kann zu variierenden Durchschnittswerten im Vergleich zur Vorjahresberichterstattung führen.
© MORGEN & MORGEN GmbH | Stand: 12/2022
Kennzahlen im Teilrating Sicherheit
Anhand von fünf wesentlichen Kennzahlen wird die finanzielle Stabilität und die Eigenkapitalunterlegung eines Versicherers im Hinblick auf eine mögliche Krise betrachtet. Hierbei werden im Teilrating Sicherheit die SCR-Bedeckungsquoten nach Solvency II herangezogen. Anhand der Quoten wird ersichtlich, inwiefern die Solvenzkapitalanforderung (Solvency Capital Requirement, SCR) durch Eigenmittel abgedeckt werden kann. Aufgrund des Zinsanstiegs sind die Quoten im Jahr 2021 wieder angestiegen. Alle im Rating betrachteten Versicherer können die aufsichtsrechtlichen Anforderungen an die SCR-Bedeckung erfüllen.
Dabei ist es den Versicherern möglich, Erleichterungen wie die Volatilitätsanpassung und für die ersten Jahre auch noch zusätzlich Übergangsmaßnahmen anzuwenden.
Zusätzlich zu den Solvency II-Quoten werden im Teilrating Sicherheit die Sicherheitsgrößen der HGB-Bilanz betrachtet. Die Eigenmittelquote, die sich aus dem Eigenkapital und dem Schlussüberschussanteilfonds zusammensetzt, zeigt über die Jahre eine leicht fallende Tendenz. Die RfB-Quote, die die Teile der Rückstellung für Beitragsrückerstattung betrachtet, die noch nicht den Versicherungsnehmern gutgeschrieben wurden, ging ebenfalls weiter zurück. Dies zeigt, dass in den vergangenen Jahren dem „Überschusstopf“ mehr für die Kunden entnommen wurde als von den Erträgen der Versicherer dem Topf zugeführt wurde. „Die positive Entwicklung der Überschussquote lässt diesbezüglich aber auf zukünftige Entspannung hoffen,“ mutmaßt Iris Portugall.
Die Bewertungsreserven der Kapitalanlagen reagieren sensitiv auf die Entwicklungen am Kapitalmarkt. Aufgrund der Bilanzierungsvorschriften sind die Kapitalanlagen, vor allem die festverzinslichen, in Niedrigzinsphasen zum Bilanzstichtag mehr wert als in den Büchern notiert. Diese Differenz kann durch Verkauf der betreffenden Kapitalanlagen „realisiert“, also zu Geld gemacht werden, auch wenn dies Nachteile für die zukünftigen Zinserträge mit sich bringt. Aufgrund der leichten Erholung des Zinsniveaus sind diese bilanziellen Puffer etwas geschmolzen, aber immer noch auf einem hohen Niveau.
M&M Rating LV-Unternehmen | Teilrating Sicherheit
Jahr | Eigenmittel- quote | RFB*-Quote | Bewertungs- reservequote | NEU: SCR-Quote netto / SCR-Quote ohne ÜM / SCR-Quote brutto** | NEU: SCR-Quote netto Gruppe / SCR-Quote ohne ÜM Gruppe / SCR-Quote brutto Gruppe** |
---|---|---|---|---|---|
2021 | 5,1 | 4,3 | 13,0 | 287 / 311 / 510 | 260 / 291 / 440 |
2020 | 5,2 | 4,5 | 18,3 | k.A. | k.A. |
2019 | 5,3 | 4,6 | 15,8 | k.A. | k.A. |
2018 | 5,5 | 4,5 | 9,4 | k.A. | k.A. |
2017 | 5,6 | 4,5 | 12 | k.A. | k.A. |
Angaben in Prozent | Die neue Grundgesamtheit in der Bewertung kann zu variierenden Durchschnittswerten im Vergleich zur Vorjahresberichterstattung führen.
*RFB (Rückstellung für Beitragsrückerstattung)
**SCR (Solvency Capital Requirement / (Solvenzkapitalanforderung), ohne ÜM (ohne Übergangsmaßnahmen, aber mit Volatilitätsanpassung, sofern angewendet))
© MORGEN & MORGEN GmbH | Stand: 12/2022
Das komplette M&M Rating LV-Unternehmen und die Erläuterung findest Du hier.
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