Überschussbeteiligung 2024 - Trendwende
Rüsselsheim, 24. Januar 2024 – Das unabhängige Analysehaus MORGEN & MORGEN blickt hinter die Kulissen der Lebensversicherer und ordnet die Überschussbeteiligungen von 50 Gesellschaften im Gesamtkontext der bilanziellen Lage ein.
Anfang 2023 ließen seit langem erstmals erhöhte Überschussdeklarationen bereits eine mögliche Trendwende erahnen. In diesem Jahr setzt sich dies erwartungsgemäß fort, der Zinsanstieg am Kapitalmarkt macht es möglich. Das Analyseteam von MORGEN & MORGEN blickt hinter die Kulissen der deutschen Lebensversicherer und ordnet diese Entwicklung in den bilanziellen Kontext ein.
Inzwischen bietet ein Großteil der Gesellschaften ihren Kunden eine Verzinsung von mindestens zwei Prozent.
Die Marktlage
Nach einer jahrelangen Talfahrt hatten überraschend viele Versicherer im vergangenen Jahr die Wende eingeleitet und ihre Überschussbeteiligung erhöht. Dieser Trend setzt sich nun fast marktweit fort. In diesem Jahr hat erneut keine Versicherungsgesellschaft ihre Überschussdeklaration gesenkt. 37 Versicherer haben zum Jahreswechsel ihre Überschussbeteiligung angehoben. Das sind 17 Gesellschaften mehr als im vergangenen Jahr. 13 Versicherer halten die Beteiligung an ihren Überschüssen konstant.
42 Versicherer liegen inzwischen bei mindestens zwei Prozent Verzinsung. In diesem Jahr bieten nur noch acht Gesellschaften ihren Kunden eine Überschussbeteiligung von unter zwei Prozent. Im vergangenen Jahr waren es noch 21 Versicherer. 13 Versicherer halten ihre Deklaration konstant und erhöhen nicht. Das waren 2023 noch 33 Gesellschaften.
„Der Trend, die Überschüsse zu erhöhen, setzt sich marktweit fort und führt dazu, dass inzwischen ein Großteil der Gesellschaften ihren Kunden eine Verzinsung von mindestens zwei Prozent bieten“, fasst Thorsten Saal, Bereichsleiter Mathematik und Rating, die verbraucherfreundliche Entwicklung zusammen.
Deklarationen im Zeitverlauf
2022 | 2023 | 2024 | |
---|---|---|---|
Minimum | 0,90% | 1,25% | 1,60% |
Maximum | 3,00% | 3,00% | 3,25% |
Mittelwert | 1,90% | 2,10% | 2,39% |
© MORGEN & MORGEN GmbH | Stand: 01/2024 | Grundgesamtheit: 20 deutsche Lebensversicherungsgesellschaften
Im Mittel liegen die laufenden Verzinsungen der 50 Gesellschaften 2024 bei 2,4 Prozent, im Vorjahr waren es 2,1 Prozent. Die höchste Beteiligung an den Überschüssen bietet ein Versicherer mit 3,25 Prozent. Im Vorjahr lag das Maximum bei 3 Prozent. Die geringste Verzinsung beträgt 1,6 Prozent. Im Vorjahr waren es 1,25 Prozent.
Von den analysierten 50 Gesellschaften haben 37 Gesellschaften ihre Überschüsse von 2023 auf 2024 im Durchschnitt um 0,4 Prozentpunkte erhöht. 2023 waren es 0,3 Prozentpunkte. Die höchste Steigerung liegt bei einem Prozentpunkt und ist damit höher als im Vorjahr (0,85 Prozentpunkte). Mit 0,1 Prozentpunkten liegt die niedrigste Erhöhung unter dem Wert von 2023 (0,15 Prozentpunkten). „Für einzelne Tarife gibt es abweichende Deklarationen – vor allem bei den neueren Tarifen, wie Indexpolicen und neue Klassik. Hier erkennen wir höhere Beteiligungen“, sagt Saal.
Überschusserhöhungen im Kontext
In diesem Jahr ist die Zinssituation am Markt erstmalig wieder so, dass die Versicherer keine Aufwände für die Zinszusatzreserve stemmen müssen. Dies liegt daran, dass der Referenzzins konstant bleibt und nicht wie in den Vorjahren weiter sinkt.
Der Zinsanstieg hat in vielen Bereichen Auswirkung auf die Situation der Lebensversicherer. Der große Hebel, der bei den meisten Gesellschaften kurzfristig Mittel für Überschusserhöhungen freigesetzt hat, sind die nicht mehr notwendigen Aufwände für die Zinszusatzreserve, die die Versicherer bilden mussten, um die teilweise hohen Garantiezinsen in den Beständen abzusichern. Im Gegenzug wurden sogar Mittel frei: Statt die Zinszusatzreserve weiter auszubauen, wurde die Zinszusatzreserve in diesem Jahr bei fast allen Versicherern abgeschmolzen.
Wie die Zinszusatzreserve auf den durchschnittlichen Rechnungszins in den Beständen der Versicherer wirkt, verdeutlicht die Grafik „Rechnungszins im Bestand“. Sie zeigt die Werte des Bestandsrechnungszinses vor und nach der Zinszusatzreserve (ZZR) im Zeitablauf – also wie er ohne Zinszusatzreserve aussehen würde und wie er sich durch die Zinszusatzreserve verändert hat.
Anhand der Linie des Bestandsrechnungszinses vor ZZR ist zu erkennen, dass die Bestandsrechnungszinsen im Laufe der Jahre sinken, allein durch den Effekt, dass die Altverträge mit den hohen Rechnungszinsen auslaufen. Je nachdem, wie viele Altverträge ein Versicherer hat, wie lange diese laufen und wie viel niedrig verzinstes Neugeschäft ein Versicherer schreibt, geschieht dies unterschiedlich schnell. In den letzten Jahren hätten die Bestandsrechnungszinsen von den meisten Versicherern ohne die Zinszusatzreserve deutlich über dem Referenzzins gelegen, der wiederum die Zinsentwicklung am Kapitalmarkt der letzten 10 Jahre widerspiegelt. Dies verdeutlicht die Notwendigkeit der Zinszusatzreserve.
Der Wert der Bestandsrechnungszinsen nach ZZR zeigt, wie die Bestandsrechnungszinsen sinken, wenn man den Effekt der Zinszusatzreserve zusätzlich betrachtet. Die ZZR drückt die Bestandsrechnungszinsen unter den Referenzzins. Hierfür waren in den vergangenen Jahren große Aufwendungen seitens der Versicherer notwendig.
In diesem Jahr ist der Referenzzins aufgrund der steigenden Zinsen am Kapitalmarkt erstmals nicht weiter gesunken, sondern konstant geblieben. Die Geschäftsberichte der Versicherer für das Jahr 2022 zeigen, dass ihre Zinszusatzreserve nicht weiter aufgebaut wurde. Sie konnte sogar bei fast allen Versicherern verringert werden, da der Effekt durch die wegfallenden Altverträge sich weiter fortsetzt.
„Mittel von über drei Milliarden wurden 2022 branchenweit aus der Zinszusatzreserve frei. Im Vorjahr wurden noch rund 8,5 Milliarden zugeführt“, hält Saal diesen enormen Sprung fest und ergänzt: „Die daraus resultierenden Erträge lassen Spielraum für eine höhere Überschussbeteiligung, die den Kunden zugutekommt.“
Die Situation der Versicherer in Bilanzkennzahlen
Ein Indikator, der Aufschluss über die finanziellen Puffer eines Unternehmens gibt, sind die Rückstellungen für Beitragsrückerstattungen (RfB). Insgesamt ist die RfB-Quote im Marktschnitt in den letzten Jahren stetig gesunken, erstmals in 2022 ist sie wieder angestiegen, auch Dank der Entlastungen bei der Zinszusatzreserve.
Der Zinsanstieg führte im Jahr 2022 zum Rückgang der Bewertungsreserven, hauptsächlich sind im Saldo nur noch stille Lasten vorhanden. Grundsätzlich ist das nicht dramatisch, diese müssen in der Regel nicht realisiert werden. Jedoch kam es stellenweise zu Abschreibungen, dies verringerte die Nettoverzinsung.
Dieser Rückgang der Bewertungsreserven ist zunächst nicht besorgniserregend, da auch die Aufwände für die Zinszusatzreserve zurückgingen und es bei den meisten Versicherern sogar bereits Rückflüsse aus der Zinszusatzreserve gab. Eine Realisation von Bewertungsreserven zur Finanzierung der Zinszusatzreserve war daher nicht notwendig.
Die Nettoverzinsung sank insgesamt deutlich im Vergleich zum Vorjahr. Neben den Abschreibungen war dafür vor allem das Ausbleiben der Realisation von Bewertungsreserven maßgeblich. Zunächst, weil kaum Bewertungsreserven mehr vorhanden waren, aber auch, weil keine großen Zuführungen zur Zinszusatzreserve und somit weniger Zinserträge notwendig sind. Dies ist im Hinblick auf die Überschussbeteiligung jedoch kein schlechtes Zeichen. Die gestiegenen Zinsen wirken sich positiv auf die zukünftig laufenden Kapitalerträge aus und ermöglichen langfristig auch wieder höhere Überschussbeteiligungen.
Die Situation der Versicherer in Bilanzkennzahlen
Ein Indikator, der Aufschluss über die finanziellen Puffer eines Unternehmens gibt, sind die Rückstellungen für Beitragsrückerstattungen (RfB). Insgesamt ist die RfB-Quote im Marktschnitt in den letzten Jahren stetig gesunken, erstmals in 2022 ist sie wieder angestiegen, auch Dank der Entlastungen bei der Zinszusatzreserve.
Der Zinsanstieg führte im Jahr 2022 zum Rückgang der Bewertungsreserven, hauptsächlich sind im Saldo nur noch Stille Lasten vorhanden. Grundsätzlich ist das nicht dramatisch, diese müssen in der Regel nicht realisiert werden. Jedoch kam es stellenweise zu Abschreibungen, dies verringerte die Nettoverzinsung.
Dieser Rückgang der Bewertungsreserven ist zunächst nicht besorgniserregend, da auch die Aufwände für die Zinszusatzreserve zurückgingen und es bei den meisten Versicherern sogar bereits Rückflüsse aus der Zinszusatzreserve gab. Eine Realisation von Bewertungsreserven zur Finanzierung der Zinszusatzreserve war daher nicht notwendig.
Die Nettoverzinsung sank insgesamt deutlich im Vergleich zum Vorjahr. Neben den Abschreibungen war dafür vor allem das Ausbleiben der Realisation von Bewertungsreserven maßgeblich. Zunächst, weil kaum Bewertungsreserven mehr vorhanden waren, aber auch, weil keine großen Zuführungen zur Zinszusatzreserve und somit weniger Zinserträge notwendig sind. Dies ist im Hinblick auf die Überschussbeteiligung jedoch kein schlechtes Zeichen. Die gestiegenen Zinsen wirken sich positiv auf die zukünftig laufenden Kapitalerträge aus und ermöglichen langfristig auch wieder höhere Überschussbeteiligungen.
Fazit
Die gestiegenen Zinsen sind langfristig gesehen ein gutes Zeichen für die Versicherungsnehmer. Der Kapitalmarkt bietet nun bessere Möglichkeiten für die Neu- und Wiederanlage und somit für eine höhere laufende Verzinsung der Kapitalanlagen. Gleichzeitig verringert sich die Garantiebelastung der Versicherer, vor allem durch die nicht mehr notwendigen Zuführungen zur Zinszusatzreserve. Das Abschmelzen der Zinszusatzreserve bringt Erträge mit sich. All dies lässt mehr Spielraum für eine langfristig höhere Überschussbeteiligung, wie sich bereits Anfang 2023 gezeigt hat und sich 2024 verdeutlicht.
Im kommenden Jahr wird sich der Trend eventuell auch bei den Garantiezinsen fortsetzen. Die Deutsche Aktuarvereinigung hat für 2025 die Anhebung des Höchstrechnungszinses auf 1 Prozent empfohlen. Sofern das Bundesfinanzministerium dem folgt, werden auch wieder höhere Garantien am Markt zu finden sein.
Ob die Versicherer die Überschussbeteiligungen und im Neugeschäft gegebenenfalls die Rechnungszinsen anheben, hängt von vielen individuellen Faktoren ab. Die Garantiebelastung des Bestandes und die Struktur der Kapitalanlage sind bei jedem Versicherer unterschiedlich, zusätzlich spielt die Geschäftspolitik eine große Rolle. „Die Deklaration ist eine äußerst individuelle Entscheidung. Wir sehen aktuell einen stabilen Markt, der die Versicherten an dem Aufwärtstrend partizipieren lässt und attraktive Angebote generiert“, zieht Saal das Fazit.
Über MORGEN & MORGEN
Marktführer für Analyse- und Vergleichssoftware mit spartenübergreifenden und sekundenschnellen Preis-Leistungsvergleichen aufgrund eigener Nachkalkulation. Qualitätsanbieter von neutralen Versicherungsdaten in Form von Ratings, Stochastischen Simulationen von Renditepotentialen, Wettbewerbstools, Data Analytics am POS sowie individuellen Analysen für die gesamte Branche. IT-Dienstleister für hochwertige Software, Webservices, Plattformlösungen, Schnittstellen und individuelle Services für Vermittler, Versicherer und Pools.