Existenzabsicherung der "Generation Z"
23.Mai 2023 - Jede neue Generation definiert sich zu einem großen Teil über die Abgrenzung zu den vorherigen Generationen. Deshalb wird es mit zunehmenden Alter immer schwieriger zu verstehen, was jungen Menschen wirklich wichtig ist.
Die gute Nachricht ist, dass wir die Generation Z nicht verstehen müssen. Vielmehr müssen wir deren Bedürfnisse ernst nehmen, wenn wir ihren Bedarf absichern wollen.
Denn auch wenn für uns Leistung bedeutet, hart zu arbeiten, ein Haus zu bauen und zwei Autos vor der Tür stehen zu haben, ist es auch ok, wenn die Generation Z Leistung anders definiert.
Wer das nicht ok finden kann, der kann hier auch nicht mehr beraten. Für alle anderen tun sich folgende Herausforderungen auf:
Das offene Verhältnis zu psychischen Problemen: Fluch oder Segen?
Die Generation Z geht nicht erst seit Corona und dem Lock-Down offen mit psychischen Problemen um. Die Entstigmatisierung von psychischen Erkrankungen führt dazu, dass fast 40% schon mal ein therapeutisches Gespräch in Anspruch genommen haben.
Diesen Mut finde ich ziemlich gut. Denn durch frühzeitige Hilfe und die Aufarbeitung kann ich schwerere Verläufe vermeiden und mit der Krankheit leben lernen.
Als Vermittler weiß ich aber, dass diese 40% große Schwierigkeiten haben werden, wenn später mal eine Berufsunfähigkeits-Versicherung angedacht wird.
Wenn ich kann, sollte ich also schon Eltern darauf ansprechen, dass in jungen Jahren bereits eine Berufsunfähigkeits-Versicherung oder eine Grundfähigkeits-Versicherung mit BU-Option abgeschlossen werden sollte.
In den meisten Fällen werde ich aber mit den Diagnosen konfrontiert. Und dann ist es schon zu spät. Allerdings sind sich bereits mehrere Versicherer diesem Thema bewusst, weshalb ich mit einer Stellungnahme auch immer wieder mal eine Annahme erreichen kann. Da ist aber noch Luft nach oben.
Gutes Gehalt. Verzicht auf Konsum. Die Hürde in der Existenzabsicherung
Ebenfalls herausfordernd für eine Beratung zur Arbeitskraft-Absicherung ist das oft eingeschränkte Konsumverhalten. Im Extrem gibt es da den sogenannten Frugalismus. Ein Lebensentwurf, bei dem ich trotz gutem Gehalt auf jeden Luxus verzichte, um so früh wie möglich in Rente gehen zu können bzw. nicht mehr von einem Einkommen abhängig zu sein.
Da ist dann eine Absicherung des Einkommens essenziell. Und auch günstig. Denn bei dem Plan, mit 45 vom Ersparten zu leben, ist es wichtig, bis dahin genügend zu verdienen. Selbst, wenn ein 25-jähriger Ingenieur bis zum 50. Lebensjahr 5.000 € BU-Rente versichern will, kostet ihn das gerade mal 50 € im Monat.
Schwieriger ist es, wenn jemand aus der Generation Z bis 67 arbeiten würde, ihm aber Geld trotzdem nicht wichtig ist und er sich als Selbstversorger:in definiert. Selbstversorger:innen versuchen, sich selbst zu versorgen. Das heißt, man baut im Garten alles an Gemüse und Obst an, was man essen will, stellt alles an möglichen Naturprodukten selbst her. Hierdurch gibt man folglich nur sehr wenig Geld aus.
In diesem Fall kann es auch mal passieren, dass 40 % des eigenen Einkommens ausreichen. In diesem Fall würde dann auch die gesetzliche Rente genügen.
Diese Annahme stimmt aber nur für den Teil, den ich mit meinem Einkommen bezahle. Das Selbstversorgen ist in der Regel körperlich anstrengender als die eigentliche Arbeit. Und wenn ich das nicht mehr kann, entstehen neue Kosten. Ich benötige entweder jemanden, der den Garten weiter betreibt oder ich muss mir all die Sachen, die ich normalerweise anbaue, selbst kaufen.
Für diesen Fall ist eine Grundfähigkeitsversicherung hervorragend. Denn hier besteht kein Zusammenhang zu meinem Beruf. Es sind aber Fähigkeiten definiert, die eher auf alltägliche Arbeiten im Haushalt oder Garten abgestimmt sind.
Wenn es auch nicht der Garten ist, so ist für die Generation Z die Work-Life-Balance viel wichtiger, als es für meine Generation der Fall war. Was es dann wiederum abzusichern gilt …
Existenzabsicherung oder Lebensstil-Absicherung?
Das Selbstversorger-Modell finde ich sehr sympathisch, weil es mehrere Probleme auf einmal löst. Ich bin weniger abhängig von Lieferketten, verursache weniger CO₂, ernähre mich gesünder und wertschätze das Essen auch mehr, wenn ich weiß, welche Arbeit dahintersteckt.
Allerdings ist das Selbstversorgen nur möglich, wenn ich dazu körperlich in der Lage bin. Deshalb muss ich hier unbedingt über eine Rentenversicherung oder sonst eine Geldanlage sprechen, die es mir im Alter ermöglicht, mein Leben wie bisher fortzuführen.
Für viele ist Gartenarbeit aber nur Selbstzweck. Es geht nicht um die Versorgung, sondern um Erholung. Das klingt zunächst merkwürdig, aber wer den ganzen Tag Zahlen von einer Exceltabelle in eine andere überträgt, der findet es unter Umständen beruhigend, mit den eigenen Händen zu arbeiten.
Wenn es auch nicht der Garten ist, so ist für die Generation Z die Work-Life-Balance viel wichtiger, als es für meine Generation der Fall war. Was es dann wiederum abzusichern gilt …
Deshalb muss ich mein Einkommen über eine Berufsunfähigkeitsversicherung und die Freizeit, die der Generation Z eben mindestens so wichtig ist, über eine Grundfähigkeitsversicherung absichern.
Die Berufsunfähigkeitsversicherung: Für die Generation Z die falsche Wahl?
Außerdem bin ich der Meinung, dass sich die Generation Z nicht so sehr über den eigenen Beruf definiert, wie die vorhergehenden Generationen. Deshalb ist eine Berufsunfähigkeitsversicherung dem Wesen nach zu viel.
Da die Generation Z primär die individuelle Freiheit schätzt, ist eine Umschulung oder ein Umzug in ein anderes Land nicht negativ besetzt. Deshalb ist eine Erwerbsunfähigkeitsversicherung an sich die passende Versicherung. Diese leistet erst eine Rente, wenn eine Umschulung nicht mehr möglich ist.
Allerdings ist das Abschließen einer Berufsunfähigkeitsversicherung im Wesentlichen für akademische Berufe billiger als eine Erwerbsunfähigkeitsversicherung. Das liegt an der bekannten Berufsgruppendifferenzierung.
Für Handwerker:innen ist aber die Kombination aus einem Krankentagegeld, das vorübergehend leistet, um eine Umschulung zu begleiten und eine Erwerbsunfähigkeitsversicherung, falls eine Umschulung nicht mehr möglich ist, die passende Absicherung.
Die Generation Z weiß in der Regel auch, dass Freiheit auch Eigenverantwortung heißt.
Ist die Beratung, der Generation Z doch wie eigentlich jede bisherige Beratung?
Zu guter Letzt ist es in der Beratung essenziell, dass ich mit offenen Karten spiele und am besten auch noch etwas Unbekanntes weiß, dass mein Interessent oder meine Interessentin nicht ohne Probleme googeln kann.
In der Beratung zur Arbeitskraftabsicherung wäre z. B. zu hinterfragen, was es mit den 25 Prozent, die im Laufe ihres Arbeitslebens BU werden, auf sich hat. Diese Zahl mag zwar insgesamt richtig sein. Allerdings kann sie entweder nicht für diejenigen, die eine Gesundheitsprüfung überstanden und eine BUV ohne Ausschluss erhalten haben oder für diejenigen, die lediglich eine kürzere Laufzeit der BU-Rente abgeschlossen haben, gelten. Denn eine Schadenquote von 25 % würde die BU-Versicherung sicher nicht aushalten.
Letztlich muss ich also die Bedürfnisse der Kund:innen ernst nehmen, den Bedarf individuell ermitteln und mehr wissen als das Internet. Also, eigentlich wie bei jedem anderen Interessenten und jeder anderen Interessentin bisher auch.
Über Philip Wenzel
Philip Wenzel ist absoluter Experte für Biometrieprodukte, Versicherungsmakler und Chefredakteur bei Worksurance.
Mehr Informationen findest Du auf Philip’s Website: worksurance.de